Der kleine Wolf
Der kleine Wolf ist der Hauptakteur einer Reihe von Geschichten, welche wir auf unseren Bieretiketten erzählen. Er ist ein Synonym für unsere noch junge Brauerei, in der mit viel Leidenschaft gearbeitet wird, jedoch nicht alles auf Anhieb perfekt klappt. Während die Etiketten von Grossbrauereien geprägt sind mit Marketing über handverlesene Zutaten und vollkommene Abläufe, erzählen wir vom harten Alltag des kleinen Wolfs, der das Bierbrauen lernt. Gerüchten zufolge haben sich alle Episoden genau so abgespielt...
Der kleine Wolf stand vor einem Rätsel. Der Ablasshahn war doch nun voll geöffnet, doch
die Maische wollte einfach nicht fliessen. Irgendwas muss den Hahn von innen verstopft haben,
soviel war klar. Der kleine Wolf nahm einen Schraubenzieher zur Hand und steckte ihn tief
in den Hahn rein. Nichts passiert. Zunächst nicht. Dann plötzlich löste sich der Pfropfen
und die heisse Maische schoss aus dem Rohr und ergoss sich über Boden und Wände. Heute
gibt es einen späten Feierabend, soviel war dem kleinen Wolf nun klar. Bierbrauen hat wirklich
seine Tücken.
Der kleine Wolf war schon ganz aufgeregt und konnte es kaum erwarten, seine neuste Bestellung
entgegen zu nehmen. Es wird so viel Arbeit sparen, wenn er künftig zum Abfüllen mit den
sterilen Einwegflaschen arbeiten kann. Nie mehr mühsam Flaschen waschen! Ganz vorsichtig
zog er die schwere Ladung auf dem Palettrolli durch die Gänge zu seinem Wolfbau. Doch was
nun – das verflixte Palett war doch tatsächlich 3cm zu hoch. Dem kleinen Wolf blieb
also nichts anderes übrig, als Flasche um Flasche in mühsamer Arbeit von Hand abzutragen.
Bierbrauen hat wirklich seine Tücken.
Von einem befreundeten Brauer hatte der kleine Wolf einige Kegs abgekauft, um die anstehende
Abfüllung vorzunehmen. Die Kegs seien gereinigt und abfüllbereit, wurde ihm versichert.
Das würde Zeit sparen. Vorsichtig öffnete der kleine Wolf das Ventil des ersten Kegs, es
stand ja noch unter Druck. Doch statt Kohlensäure schoss ihm eine Fontäne Restbier direkt
ins Gesicht. Der säuerliche Geschmack verriet nichts Gutes. Dieses Keg war schon lange nicht
mehr gereinigt worden – soviel stand fest. Und einmal mehr rückte der Feierabend für
den kleinen Wolf in die Ferne.
Der kleine Wolf starrte erneut durch sein Refraktometer und rieb sich verwundert die Augen.
Der Brautag war für einmal fast reibungslos über Runden gegangen. Aber wie hoch würde denn
nun die Stammwürze seines eben gebrauten Sudes sein? Dreimal hatte er nun schon gemessen
und jedes Mal schien das Messgerät wie verhext etwas anderes anzuzeigen. War die Probe zu
trüb oder machte er etwas falsch? Der alte Spruch eines jeden Brauers bewahrheitete sich
also einmal mehr, dachte sich der kleine Wolf. «Wer misst, misst Mist.»
Der Schlauch, der sich soeben verselbstständigt hatte, tänzelte wie eine Kobra vor dem kleinen
Wolf hin und her. «Ich bin doch kein Mungo!», dachte sich der kleine Wolf und sprang verzweifelt
von einem Bein aufs andere. Der Schlauch schien jede seiner Bewegungen zu verfolgen, um
sogleich mit einer Gegenbewegung zu reagieren. Immer wieder duschte er den kleinen Wolf
ab, während dieser eilends versuchte, den Hahn zuzudrehen und dem Spuk ein Ende zu setzen.
Wenn er doch nur einen Brautag trocken überstehen könnte – das wäre doch was.
Ein weiterer Brautag im Wolfsbau
neigte sich dem Ende zu und eine
grosse Menge Malztreber wartete
auf ihre Entsorgung. Andere
Brauermeister hatten dem kleinen
Wolf erzählt, dass bei ihnen jeweils
ein Bauer den Treber abholt und
seinen Kühen verfüttert. Nur
seinen Treber wollte leider
niemand abholen. Zum Glück gab
es aber noch die liebe Frau mit den
vielen Tomaten im Garten
gegenüber. Dank Ihrem Kompost
hatte der kleine Wolf wenigstens
diese Sorge nicht auch noch.
Stöhnend zog der kleine Wolf am
schwer beladenen Palettrolli und
machte sich auf den Weg.
„Flasche auflegen, Fusspedal
drücken, Etikette wird auf Flasche
aufgezogen“. In der Theorie wäre
die Bedienung der neuen
Etikettiermaschine doch eigentlich
so einfach. Der kleine Wolf
bestaunte erneut verwundert die
chaotische Szene, die sich ihm bot.
Die Bieretikette klebte eng
umschlungen an der Walze fest,
während die Flasche sich munter
darauf drehte und noch immer auf
Ihr Mäntelchen wartete. Auch der
dritte Anlauf ging somit in die
Hose. Der kleine Wolf seufzte und
griff erneut nach dem Cutter.
Bierbrauen hat wirklich seine
Tücken.
Die Bierflasche ging auf, doch das
vertraute „Plopp“ blieb aus und
von Schaum war weit und breit
nichts zu sehen. Ganz offensichtlich
war die restliche Hefe im Bier nach
der Hauptgärung zu schwach und
die Nachgärung ausgeblieben. Der
kleine Wolf liess enttäuscht seine
Ohren hängen. Um Bier ohne
Kohlensäure zu verkaufen, befand
er sich definitiv im falschen Land.
Nun blieb noch genau eine
Variante übrig um diesen Sud zu
retten: jede Flasche müsste erneut
geöffnet, mit frischer Hefe geimpft
und wieder verschlossen werden.
Wieder einmal rückte der
Feierabend abrupt in weite Ferne.
Genusstip
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